Grundgedanke

Das göttliche Kunstwerk Sprache manifestiert sich in Form und Dynamik, sagen wir: in den Gebärden der Laute und Silben. Diese Gebärden in ihrer Gesetzmäßigkeit sind in jedem Menschen von vor der Geburt an veranlagt.

Das heranwachsende Menschenkind holt diese Gebärden aus sich hervor, wenn es durch die Nachahmung der Sprache seiner Umgebung sprechen lernt und so zum sozialen Wesen wird. Denn vor allem das Sprechen bildet die Brücke von Mensch zu Mensch, indem er die Laute und Silben zu Worten und Sätzen gedeihen lässt und so seine Wünsche, Gefühle, Gedanken und Absichten für seine Umgebung zugänglich macht. Nun ist das Sprechen zum Kommunikationsmittel geworden und sein schöpferischer Ursprung wird gemeinhin vergessen, zum Schaden des Menschen selbst und damit der Menschheit schlechthin.

Anthroposophische Erforschung des Menschenwesens und der Sprache selbst führt in ihre grundlegende Gesetzmäßigkeit hinein. Diese bewusst zu ergreifen und das Sprechen ihnen gemäß zu gestalten ist das Anliegen der Sprachgestaltung. Durch sie werden zum Ausdruck gebracht:

• das Eigenleben von Konsonanten und Vokalen
• Rhythmen und die Bewegungsmöglichkeiten durch die Silben
• die Gestaltung und Formbarkeit in Wort- und Satzgebärden
• der Mensch in seinem Verhältnis zum Vergangenen, zu sich selbst und sein Verhältnis zur Welt in Epik, Lyrik und Dramatik.

So offenbart sich durch die Sprache der Mensch in seinem ganzen Wesen. Bewusstes, individuelles Ergreifen, also eigenständiges Erleben der Sprache führt ihn in einen Prozess, der ihn formt und ordnet. Es ermöglicht ihm, seine Beziehung zur Welt zu erkennen und in ein neues Verhältnis zu ihr zu treten.

Diese so erschlossene Beziehung zwischen dem Menschen und der Sprache führt bei entsprechender Weiterentwicklung auch zu therapeutischer Arbeit an Sprech-, Sprach- und Atemhindernissen bei Kindern und Erwachsenen. Denn das schöpferische Wesen der Sprache ist selbst ein Gesundmachendes. Der ausgebildete Sprachgestalter bringt es aus seinem Erleben der Sprache heraus in der Beziehung zum „Patienten“ zur therapeutischen Tatsache.

Das Seminar für Sprachgestaltung in München ermöglicht Menschen die Berufsausbildung zum Sprachgestalter/Sprachtherapeuten. Sie gehen dafür den Weg, die schöpferische Welt der Sprache in allen Aspekten erlebend kennen zu lernen. Damit gehen sie den Weg, ihre Sprache neu zu gestalten. Auf dieser Grundlage wird es möglich, andere Menschen in ihrer Entwicklung zu begleiten. Sprachgestaltung/Sprachtherapie wird ein umfassendes Angebot, das sich unmittelbar an den Mitmenschen in allen seinen Lebenslagen wendet.

Das Seminar wurde 1979 gegründet aufgrund der Anfrage einiger berufstätiger und studierender Menschen nach einer für sie zugänglichen Ausbildung in Gestaltung und Therapie der Sprache auf der Grundlage des anthroposophischen Menschenbildes. Seitdem haben etwa 200 Menschen die Ausbildung absolviert.

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